Liebe Leserinnen und Leser! Ich heiße Jana Denole und lebe in der Schweiz, in Zürich. Hier spielen sich auch die Ereignisse ab, die in meinem Buch beschrieben sind. Vielleicht wundern Sie sich, wenn ich sage:
Ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der stolz darauf ist, dass er im Gefängnis saß. In den drei Monaten, die ich in schrecklichen Strafanstalten verbrachte, traf ich unglaubliche Menschen, die mich so beeindruckten, dass mir keine andere Wahl blieb, als darüber zu schreiben.
Ich bin sicher, dass mein Text Sie nicht gleichgültig lassen wird.
„Gaunerinnen“ ist keine frei erfundene Geschichte, sondern es handelt sich um Bekenntnisse eines Mädchens, dessen Schicksal Sie zum Lachen und zum Weinen bringen wird. Von einem Extrem ins andere. Was ist Geld wirklich wert, und wohin führen die Wege, die man geht, um es zu erwerben? Was wird im Leben bestraft, und was bedeutet es, begnadigt oder verurteilt zu werden?
Viel Vergnügen beim Lesen!
Ihre frischgebackene Autorin Jana Denole
Rendezvous eines Schmetterlings
In einer Stadt in der Nähe von Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, wurde ein Mädchen geboren. Es erhielt den Namen Natalja. Es schien, als hätten in jener Nacht alle Einwohner der Stadt das herzzerreißende Stöhnen der Mutter und das erste schwache Wimmern des blauäugigen, blonden Kindes gehört. In solchen Orten wissen gewöhnlich alle, wer wann auf die Welt kommt und diese verlässt. Man kann nicht sagen, dass die Stadt Belaja Zerkow klein war. Sie war sogar ziemlich weitläufig. Berühmt ist dieser Ort nicht unbedingt für die schöne weiße Kirche, die am Flussufer neben hohen Weiden steht, die sich malerisch ins Wasser neigen. Vielmehr kennen die Ukrainer diesen Ort als furchterregende Hochsicherheitsstrafkolonie, um die sich verschiedenste Geschichten aus dem Leben der Sträflinge ranken. Das Gefängnis gab den Menschen Arbeitsplätze, kettete aber die freien Bürger dadurch ebenso an diesen grauenvollen Ort wie Verbrecher, die dort hinter Gittern saßen. In Wirklichkeit unterscheiden sich die Menschen, die jahrelang im Gefängnis arbeiten, durch nichts von Insassen.
Das blonde Mädchen Natalja wuchs in einem Haus mit großem Hof und Landwirtschaft auf, mit Hühnern, Schweinen und Schafen. Es waren drei Kinder: Natalja, der ältere Bruder Iwan und die jüngere Schwester Oletschka. In der Familie herrschten Ordnung, kirchliche Erziehung und Liebe. Die Eltern waren eifrige Diener der Kirche, die ihren Kindern das gleiche Familienglück wünschten, wie sie es selbst unter Schwierigkeiten und nach vielen Lebenswirren erreicht hatten. Der Vater liebte seinen Sohn Iwan über alles und wollte, dass dieser die Familientradition im Dienst Gottes fortsetzen würde. Aber Iwan sträubte sich gegen den Willen des Vaters und träumte davon, Polizist zu werden. Die jüngere Tochter Oletschka, ein liebes Kind mit großen braunen Augen, hatte den Traum, ihren Platz in einem Kloster zu finden, wo sie Menschen helfen könnte, den rechten Weg zu finden. Die Mutter indessen wollte gar nicht, dass die Kinder sich um ihr weltliches Vergnügen brachten, indem sie den Traditionen der Familie folgen. Als Natalja dreizehn Jahre alt wurde, entdeckte sie in sich einen unwiderstehlichen Hang zu älteren Männern. In der Schule war sie bei ihren Klassenkameradinnen nicht beliebt, diese hielten sich sogar fern von ihr. Die Blonde meinte, das sei einfach der Neid. Sie hielt ihr Doppelleben vor allen geheim, denn sie wollte ihrer Musterfamilie mit ihren merkwürdigen Neigungen ganz sicher keine Schmach antun. Deshalb wurde ihr erstes Opfer der Sportlehrer der Schule, ein attraktiver verheirateter Mann, dessen ahnungslose Frau ruhig ihr erstes Kind austrug und darauf wartete, dass ihr geliebter Mann von der Arbeit nach Hause kam. Er war schön wie ein Gott! Ein hochgewachsener, durchtrainierter, blonder Macho mit einem strahlenden Lächeln, der für kurze Zeit das Herz der Bestie gewann. Sie kannte alle Schliche, wie sie das Gewünschte erreichen konnte, in diesem Fall ihn…